Herakleias
Vorgängersiedlung Latmos entstand um 1000 v. Chr. durch von
landnehmenden Griechen vertriebene Karer in der unwirtlichen, aber
sicheren Felslandschaft des Latmosgebirges.
Die ursprünglich karische Stadt, geriet im 6. Jahrhundert ebenso wie
die Städte Ioniens unter lydische und später persische Herrschaft.
499–494 v. Chr. nahm Latmos ebenso wie das restliche Karien am
ionischen Aufstand gegen Persien teil. Nach 494 erhielt Latmos eine
Befestigung. Es wurde Mitglied des attisch-delischen Seebundes mit
dem Minimalbeitrag von 1 Talent/Jahr, der seine wirtschaftliche
Potenz widerspiegelte.
Latmos geriet erneut unter persische Herrschaft und wurde Teil der
Satrapie Karien, die von einer einheimischen Dynastie (Haus der
Hekatomniden) regiert wurde, deren bekanntester Vertreter Mausolos
war. Dieser betrieb zwischen 377 und 353 v. Chr. eine massive
Hellenisierungspolitik in Karien.
Um 300 v. Chr. löste die
hellenistische Neugründung Herakleia das alte (10
Fußminuten entfernte) Latmos ab. Der genaue Zeitpunkt
und die Urheberschaft für diese Gründung sind strittig.
Der Duodez-Diadoche Pleistarchos jedenfalls machte
Herakleia offenbar zur Hauptstadt seines Teile Kariens
umfassenden Reiches und benannte die Stadt in
Pleistarcheia um. Nach dem Ende seiner nicht allzu lange
währenden Herrschaft kehrte man jedoch wieder zum
ursprünglichen Namen Herakleia zurück.
Ob der erneute Namenswechsel, der den mutmaßlichen
„Gründer“ Pleistarchos zum Vergessen (werden) verdammte,
darauf zurückzuführen ist, dass das alte Latmos von ihm
völlig zerstört wurde und seine Bewohner gegen ihren
Willen umgesiedelt wurden, sei dahingestellt.
Ebenso strittig wie die Frage der
Gründung ist zudem die Frage, wer für den Ausbau der massiven und
auf dem neuesten Stand der militärtechnologischen Entwicklung
befindlichen Befestigungsanlagen und des umfangreichen (aber nur von
Saumtieren und Fußgängern begehbaren) Straßennetzes verantwortlich
zeichnete, das sowohl das Territorium der Stadt erschloss als auch
die Anbindung an die regionalen Verkehrswege sicherte.
Rom schenkte
Herakleia, das klugerweise vor der Niederlage des Seleukiden
Antiochos III. gegen Rom die Seite gewechselt hatte, im frühen 2.
Jahrhundert v. Chr. die Freiheit. Es begann das goldene Jahrhundert
der Stadt. 133 v. Chr. wurden Herakleia und Karien Teil der
römischen Provinz Asia. Das abseits gelegene Herakleia gewann
aber nicht die Gunst kaiserlicher oder senatorischer Sponsoren.
Lediglich eine römische Miniaturtherme veränderte das alte
hellenistische Stadtbild. Noch im 6. Jahrhundert war das abgelegene
Herakleia die zweitgrößte Stadt der Provinz Karien.
Im 7. Jahrhundert wurde das
Latmosgebirge von Mönchen vom Sinai besiedelt und zu einem dem Athos
vergleichbaren Heiligen Berg. Ende des 14. Jahrhunderts besiegten
die Osmanen die regionalen konkurrierenden türkischen Dynasten im
Südwesten Kleinasiens.
Spätestens zu dieser Zeit war der Latmossee vollständig vom Meer
abgetrennt und Herakleias wirtschaftlicher Entwicklung die Basis
entzogen.
Herakleia liegt
heute in einer durch Verlandungprozesse abgetrennten und in ein
Süßwasser-Gewässer umgewandelten ehemaligen Bucht des Mittelmeeres,
in der Antike Latmikos kolpos (Latmischer Meerbusen) genannt. Der
Ort liegt am Fuß des schwer zugänglichen Latmos-Gebirges. Zwischen
den Überresten der antiken Stadt steht heute das Dorf Kapıkırı.
n
der Nähe Herakleias lag der Sage nach die Grabhöhle des Endymion. Im
antiken Herakleia wurde die Mondgöttin Selene besonders verehrt.
Die 6,5 km langen,
2–3 m breiten und z. T. noch 6 m hohen und mit 65 Türmen verstärkten
Mauern sind ein hervorragendes Beispiel für hellenistische
Befestigungen. Ferner sind die Agora (Vorplatz der heutigen
Dorfschule) und ein westlich davon gelegener Athena-Tempel bekannt.
Nahe der östlichen Stadtmauern ist ein teilweise von Ölbäumen
überwachsenes Theater zu finden. In der Nähe des Sees steht ein
Felsheiligtum für Endymion mit fünfsäuliger Vorhalle.
Im See sind nahe dem Ufer Reste der Hafenanlage sichtbar. Im Dorf
kann man auch ein kleines Odeion finden. |